
Toxische Positivität: Wenn ständige gute Laune krank macht
Kennst du das Gefühl, dich in einer Gesellschaft befinden zu müssen, in der schlechte Laune unerwünscht ist? In der jeder Kommentar mit einem positiven Dreh versehen wird, egal wie unangebracht er scheint? Das ist toxische Positivität. Sie verlangt, dass wir stets gut drauf sind, was in der Realität oft unmöglich und sogar schädlich ist. Es ist wichtig zu erkennen, wann positives Denken zu einer ungesunden Belastung wird.
Ständige Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung ist realitätsfern und kann auf Dauer krank machen. Es ist ein unrealistischer Anspruch an uns selbst und andere, ständig positiv zu sein. Die Grenzen des positiven Denkens sollte man kennen.
Die Schattenseiten der erzwungenen Positivität

Wer sich dem Zwang der toxischen Positivität unterwirft, versetzt sich in einen ständigen Stresszustand. Man beginnt, an sich selbst zu zweifeln, und fragt sich, was mit einem nicht stimmt, wenn man es nicht schafft, durchgehend positiv zu sein.
Wir alle sind Menschen mit einer Bandbreite an Emotionen, guten und schlechten Tagen sowie Lebenserfahrungen, die uns vor Herausforderungen stellen. Es gibt Phasen, in denen es uns nicht gut geht. Das ist ein Teil dessen, was uns als Mensch ausmacht.
- Das Abstreiten negativer Gefühle führt zur Verdrängung.
- Es entsteht ein unrealistischer Anspruch an sich selbst.
- Die Akzeptanz der eigenen Gefühlswelt wird verhindert.
- Man schämt sich für „negative“ Emotionen wie Wut oder Trauer.
- Die eigentlichen Ursachen für die Gefühle werden nicht erkannt.
- Es kann zu einem Teufelskreis aus „Ich fühle mich schlecht, weil ich mich schlecht fühle“ kommen.
- Die Fähigkeit, Empathie für andere zu entwickeln, wird beeinträchtigt.
- Es entsteht eine oberflächliche Kommunikation, bei der echte Probleme nicht angesprochen werden.
- Das persönliche Wachstum wird behindert, da man sich nicht mit seinen Schwächen auseinandersetzt.
Wo Licht ist, ist auch Schatten. Das Leben besteht aus positiven wie negativen Erfahrungen. Es ist natürlich, dass jeder Mensch mit unterschiedlichen Gefühlen darauf reagiert.
Positivität ist wichtig, denn sie hilft uns über schlechte Phasen hinweg. Aber immer optimistisch und positiv sein zu müssen, bewirkt leider das Gegenteil.
Was toxische Positivität wirklich bedeutet

In unserer Leistungsgesellschaft hat sich der Trend zu einem krampfhaft positiven Denken etabliert. Für wirkliches Zuhören fehlt oft die Zeit oder Empathie. Toxische Positivität lässt keinen Raum für Vielfalt oder negative Emotionen. Egal welche Sorgen oder Ängste dich plagen, sie werden mit einem netten Sprüchlein abgetan, z.B. „So schlimm ist das ja gar nicht, sieh es doch mal positiv.“
Diese „positive vibes only“-Einstellung führt dazu, dass du negative Emotionen einfach von dir wegschiebst oder unterdrückst.
Praktiken, die dazu aufrufen, unangenehme und negative Dinge zu verdrängen, fallen unter toxische Positivität. Sie verfolgen nur das eine Ziel, sofort und dauerhaft glücklich zu sein, statt negative Emotionen zu verarbeiten und daran zu wachsen. Wahres, nachhaltiges Glück hat nichts mit Instant-Lösungen gemein.
Warum unangenehme Emotionen Raum brauchen
Jedes Gefühl hat seine Berechtigung und einen Auslöser. Natürlich ist es unangenehm, wenn du dich schlecht fühlst. Aber weißt du auch, warum du dich schlecht fühlst?
Unangenehme Emotionen transportieren viele Informationen, die uns auf den ersten Blick gar nicht auffallen. Das können Hinweise auf unerfüllte Bedürfnisse, frühere Verletzungen oder manchmal auch einfach Hilflosigkeit und Überforderung sein.
Akzeptanz statt Verdrängung
Statt das unangenehme, negative Gefühl von dir wegzuschieben, wird es dich viel weiter bringen, wenn du sie akzeptierst. Dann hast du auch die Möglichkeit, dich selbst besser zu verstehen. Darum ist es okay, dass du dich fühlst, wie du dich gerade fühlst. Deine Gefühle sind ein Teil von dir. Lehne diesen Teil von dir nicht ab, nur weil toxische Positivität gerade im Trend ist. Schenke deinen Gefühlen Anerkennung, sie sind ein wichtiges Barometer.
Die Gefahr von „Good Vibes Only“
Sich starr auf positives Denken zu fixieren, kann leer und krank machen. Wenn wir unsere Gefühle unterdrücken, weil wir denken, dass es falsch ist, sich so zu fühlen, kann das ziemlichen Schaden anrichten.
Toxische Positivität setzt dich selbst unter Druck, 24 Stunden, 7 Tage die Woche freudestrahlend durchs Leben zu tanzen. Dieser Druck verursacht Stress, und das wiederum macht sich bei deiner Gesundheit bemerkbar. Es ist wichtig, mentale Entspannungstechniken zu erlernen.
Dasselbe gilt, wenn du beginnst, dich wegen dieser toxischen Positivität für deine Gefühle zu schämen. Weil dir „good vibes only“ suggeriert, dass Wut, Frust, Neid, Ohnmacht schlecht sind und daher gar nicht existieren dürfen.
Du fühlst dich schlecht, weil du es nicht schaffst, auf Kommando deine Sorgen oder deine negativen Gefühle wegzulächeln. Willkommen in der „Ich fühle mich schlecht, weil ich mich schlecht fühle“-Spirale.
Achtsamkeit als Gegenmittel zur toxischen Positivität

Statt dem Trend der toxischen Positivität zu folgen, ist es viel hilfreicher, achtsam mit deinen Emotionen umzugehen. Das reduziert den inneren Stress und die Angst.
Es ist wichtig, sich selbst zu erlauben, negative Gefühle zu empfinden und diese zu verarbeiten. Nur so kann man langfristig ein gesundes und ausgeglichenes Leben führen.
Der Schlüssel zu einem authentischen Leben
Lass uns die toxische Positivität hinter uns lassen und uns stattdessen auf Authentizität und Akzeptanz konzentrieren. Erlaube dir, alle deine Gefühle zu fühlen, ohne dich dafür zu schämen.
Indem wir uns unseren Emotionen stellen und sie verarbeiten, können wir uns selbst besser verstehen und ein erfüllteres Leben führen. Es ist ein Zeichen von Stärke, seine Gefühle zuzulassen, nicht von Schwäche.
Sei ehrlich zu dir selbst und zu anderen. Es ist okay, nicht immer gut drauf zu sein.
Kommentare ( 6 )
Das im vorliegenden Beitrag diskutierte Phänomen einer ausschließlichen positiven Emotionalität und deren potenziell schädliche Auswirkungen lässt sich aus psychologischer Sicht tiefgehend mittels der Forschung zur Emotionsregulation, insbesondere durch Modelle wie das von James J. Gross, analysieren. Diese Theorien differenzieren zwischen adaptiven und maladaptiven Strategien im Umgang mit Emotionen. Während proaktive Strategien wie die kognitive Neubewertung (reappraisal) als adaptiv gelten, da sie eine flexible und konstruktive Anpassung an emotionale Herausforderungen ermöglichen, wird die chronische Unterdrückung von Emotionen (suppression) – ein Kernaspekt des beschriebenen Problems – konsistent mit negativen psychischen und physischen Gesundheitsfolgen in Verbindung gebracht. Empirische Befunde belegen, dass die Verdrängung oder das Ignorieren unangenehmer Gefühle langfristig zu erhöhtem Stress, verminderter emotionaler Klarheit und einer Beeinträchtigung authentischer sozialer Beziehungen führen kann. Dies unterstreicht die Notwendigkeit eines differenzierten Verständnisses von emotionaler Resilienz, die nicht in der Vermeidung, sondern in der bewussten Verarbeitung und Integration des gesamten Spektrums menschlicher Emotionen liegt, um psychisches Wohlbefinden nachhaltig zu fördern.
Vielen Dank für Ihre ausführliche und fundierte Analyse des Themas. Es ist wirklich bereichernd zu sehen, wie Sie die psychologischen Aspekte der Emotionsregulation, insbesondere die Modelle von James J. Gross, in die Diskussion einbringen. Ihre Ausführungen zur Unterscheidung zwischen adaptiven Strategien wie der kognitiven Neubewertung und maladaptiven wie der chronischen Unterdrückung von Emotionen unterstreichen genau den Punkt, den ich versucht habe zu vermitteln: dass ein vollständiges Spektrum an Emotionen für psychisches Wohlbefinden unerlässlich ist. Die Verbindung von Emotionsunterdrückung mit negativen psychischen und physischen Folgen ist ein wichtiger Hinweis, der die Notwendigkeit einer bewussten Verarbeitung aller Gefühle betont. Ich freue mich, dass der Beitrag zu solch tiefgehenden Reflexionen anregt und bedanke mich nochmals für Ihren wertvollen Beitrag. Schauen Sie gerne auch in meine anderen Beiträge, vielleicht finden Sie dort weitere interessante Gedanken.
ein sehr wichtiger beitrag, vielen dank dafür 🙂
Es freut mich sehr, dass der Beitrag für Sie wichtig war und Ihnen gefallen hat. Vielen Dank für Ihr freundliches Feedback. Schauen Sie doch gerne auch bei meinen anderen Veröffentlichungen vorbei.
Dein Beitrag hat mich total berührt, weil ich das Thema so gut kenne. Dieses Gefühl, immer nur die Sonnenseite sehen zu MÜSSEN, obwohl es einem gerade total mies geht, das kenne ich nur zu gut. Es ist, als würde man sich selbst unter Druck setzen, eine Rolle zu spielen, die gar nicht echt ist.
Ich erinnere mich an eine Zeit, als ich beruflich echt am Limit war und eigentlich nur noch heulen wollte. Jeder sagte mir „Bleib stark!“, „Sieh das Positive!“ oder „Das wird schon wieder!“ Aber genau das hat mich noch fertiger gemacht. Ich fühlte mich so falsch, weil ich eben NICHT positiv sein konnte und wollte. Es war so befreiend, als ich mir endlich erlaubt habe, einfach mal NUR traurig zu sein, ohne Schuldgefühle. Manchmal muss man die Scheiße einfach auch mal Scheiße sein lassen, oder?
Es freut mich sehr zu hören, dass mein Beitrag Sie so berührt hat und Sie sich in den Zeilen wiederfinden konnten. Ihre Erfahrungen spiegeln genau das wider, was ich versucht habe auszudrücken. Der Druck, immer positiv sein zu müssen, kann erdrückend sein und uns daran hindern, unsere wahren Gefühle zuzulassen. Es ist ein wichtiger Schritt, sich selbst die Erlaubnis zu geben, traurig zu sein, wenn man es ist, ohne sich dafür schuldig zu fühlen. Manchmal ist es tatsächlich am gesündesten, die Dinge einfach so sein zu lassen, wie sie sind, und sich nicht gegen die eigenen Emotionen zu wehren.
Vielen Dank für Ihren offenen und ehrlichen Kommentar. Ich hoffe, meine weiteren Beiträge können Ihnen ebenfalls Denkanstöße geben. Schauen Sie gerne auf meinem Profil nach weiteren Artikeln.
manchmal ist das wie ein endloser sonnentag: am anfang ist man noch ganz selig, aber nach einer weile wünscht man sich einfach einen ordentlichen groll-wetter-schauer, der die angestaute schwüle wegspült und einem mal richtig die puste rausnimmt. ein bisschen gewitter reinigt eben doch die seele, sonst krigt man noch einen sonnenstich der fröhlichkeit.
Vielen Dank für diesen wunderbaren Vergleich. Es ist wirklich interessant, wie man manchmal die Abwechslung sucht, selbst wenn das vorherrschende Gefühl positiv ist. Ein Gewitter kann tatsächlich reinigend wirken und neue Perspektiven eröffnen, auch wenn man es im ersten Moment vielleicht nicht erwartet. Manchmal ist es genau dieser Kontrast, der uns die Schönheit des Sonnenscheins erst richtig bewusst macht.
Ich freue mich, dass meine Gedanken Sie zu solchen tiefgründigen Reflexionen angeregt haben. Vielleicht finden Sie auch in meinen anderen Veröffentlichungen auf meinem Profil weitere Anregungen.
oh, das thema toxische positivität ist wirklich spannend! es ist schon erstaunlich, wie oft wir in gesprächen die gute laune aufrechterhalten müssen, selbst wenn wir uns innerlich ganz anders fühlen. ich frage mich manchmal, ob das ein neuer sport ist – „positive vibes only“. vielleicht sollten wir eine olympiade dafür veranstalten, wo die besten lächeln und optimistischen sprüche prämiert werden.
aber im ernst, es ist wichtig, dass wir auch die negativen gefühle zulassen dürfen. sie sind ja schließlich ein teil unseres lebens und machen uns menschlich. ein bisschen mehr raum für ehrliche gefühle würde uns allen guttun. lass uns den druck abbauen und einfach mal sagen dürfen: „heute ist nicht mein tag!“ vielleicht können wir dann eine neue, gesundere kultur des austauschs schaffen, in der wir uns wirklich verstanden fühlen.
Absolut! ich finde deine ansicht super treffend. dieser „positive vibes only“-zwang kann wirklich erdrückend sein und dazu führen, dass wir uns noch isolierter fühlen, weil wir unsere echten gefühle verstecken. es ist so wichtig, einen raum zu schaffen, in dem man auch mal sagen kann, dass es einem nicht gut geht, ohne gleich mit aufmunternden sprüchen bombardiert zu werden.
vielen dank für deinen kommentar! ich freue mich sehr, dass du dich mit dem thema auseinandersetzt. schau doch auch mal in meine anderen artikel rein, vielleicht findest du da noch mehr interessantes für dich.