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OPD-3: Die Evolution des Konfliktverständnisses in der Psychodynamik

OPD-3: Die Evolution des Konfliktverständnisses in der Psychodynamik

Die Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik (OPD) ist ein wegweisendes Instrument, das darauf abzielt, komplexe psychodynamische Konzepte wie Konflikte, Beziehungsdynamiken und Persönlichkeitsstrukturen präzise und überprüfbar zu beschreiben. Sie hat maßgeblich dazu beigetragen, die oft als vage empfundenen psychoanalytischen Begriffe zu klären und eine gemeinsame Sprache in der klinischen Praxis zu etablieren. Kurz gesagt: Die OPD ist eine Bereicherung für die psychotherapeutische Landschaft.

Mit großer Spannung wurde die dritte Fassung, die OPD-3, erwartet. Doch was genau sind die Neuerungen, die diese Version mit sich bringt, insbesondere im Hinblick auf die zentrale Konflikt-Achse? Dieser Beitrag beleuchtet die wichtigsten Veränderungen und zeigt auf, wie diese die psychodynamische Diagnostik und Therapie beeinflussen.

Neuerungen in der Konflikt-Achse der OPD-3: Ein tieferer Blick

OPD-3: Die Evolution des Konfliktverständnisses in der Psychodynamik

Die Konflikt-Achse der OPD ist seit jeher ein Kernstück der Diagnostik, das die grundlegenden psychischen Spannungsfelder eines Menschen erfasst. Die grundlegende Unterteilung in sieben operationalisierte Konflikte sowie die Beschreibung eines aktiven und passiven Modus bleiben in der OPD-3 erhalten. Doch darüber hinaus gibt es bedeutsame Weiterentwicklungen, die das Verständnis von Konflikten erweitern und präzisieren.

Diese Neuerungen spiegeln ein modernes Verständnis psychischer Dynamiken wider und ermöglichen eine differenziertere Betrachtung der Patientenbedürfnisse. Sie tragen dazu bei, die oft defizitorientierte Perspektive der Psychoanalyse zu erweitern und eine ressourcenorientiertere Sichtweise zu integrieren.

  • Fokus auf lebensgeschichtliche Entwicklung neben pathologischer Sichtweise.
  • Konflikte werden nun entlang des Strukturniveaus des Patienten bewertet.
  • Einführung des unbewussten Kernaffekts zur Vertiefung der Diagnostik.
  • Unterscheidung zwischen lebenslangem und aktuellem OPD-Konflikt.
  • Bewertung des Verarbeitungsmodus (aktiv/passiv) für beide Konfliktarten.
  • Streichen des Aktualkonflikts zur Vermeidung von Missverständnissen.
  • Integration des Dilemma-Konzepts nach Mentzos für schwerere Störungen.
  • Stärkere Betonung des „Sowohl-als-auch“-Denkens in der Praxis.
  • Verbesserte Fassbarkeit von Konfliktthemen in drei Stufen.
  • Nähere Zusammenführung von „Konflikt“ und „Struktur“ im klinischen Denken.
  • Größere Beachtung biografischer Entwicklungen und unbewusster Prozesse.
  • Die OPD-3 bietet eine größere Tiefe in der Diagnostik von Kernaffekten.
  • Bessere Darstellbarkeit von Veränderungen im Lebensverlauf.
  • Erweiterte Werkzeuge für Therapeuten im Umgang mit Dilemmas.
  • Ambitiousere und komplexere Herangehensweise an psychodynamische Konzepte.

Die Überarbeitung der Konflikt-Achse ist ein entscheidender Schritt, um die OPD noch relevanter und nuancierter für die klinische Praxis zu gestalten. Sie ermöglicht es Therapeuten, die inneren Kämpfe ihrer Patienten mit noch größerer Präzision zu erfassen und entsprechende Interventionsstrategien zu entwickeln.

Praktische Anwendungen der erweiterten Konflikt-Achse

OPD-3: Die Evolution des Konfliktverständnisses in der Psychodynamik

Die Neuerungen in der Konflikt-Achse der OPD-3 haben weitreichende Auswirkungen auf die therapeutische Praxis. Sie ermöglichen es Psychotherapeuten, tiefere Einblicke in die inneren Dynamiken ihrer Patienten zu gewinnen und maßgeschneiderte Behandlungsstrategien zu entwickeln. Insbesondere die erweiterte Betrachtung des Strukturniveaus im Zusammenhang mit Konflikten führt zu einem präziseren diagnostischen Bild.

Die Integration des unbewussten Kernaffekts und die Unterscheidung zwischen lebenslangen und aktuellen Konflikten bieten neue Ansatzpunkte für die Arbeit mit Patienten. Therapeuten können nun besser erkennen, welche Konflikte tief in der Biografie verwurzelt sind und welche sich aktuell manifestieren, um ihre Interventionen entsprechend anzupassen. Dies fördert eine ganzheitlichere und effektivere Behandlung.

  • Analyse der Konfliktspannung zur Einschätzung der Integration.
  • Identifikation neurotischer Konflikte und deren innerer Dynamik.
  • Erkennung tief verwurzelter Konfliktschemata.
  • Berücksichtigung des Strukturniveaus bei der Konfliktbeurteilung.
  • Differenzierung zwischen bewussten und unbewussten Affekten.
  • Bewertung des Verarbeitungsmodus für Langzeit- und aktuelle Konflikte.

Krankhafte Entwicklung versus gelungene Lebensgeschichte

OPD-3: Die Evolution des Konfliktverständnisses in der Psychodynamik

Ein bemerkenswerter Aspekt der neuen OPD-3 ist die Erweiterung der Perspektive über die reine Pathologie hinaus. Während traditionell oft eine defizitorientierte Sichtweise vorherrschte, beschreibt die OPD-3 nun auch die gelungene lebensgeschichtliche Entwicklung innerhalb der Konfliktthemen. Dies ist ein wichtiger Schritt, da es das traditionelle, oft als eher pessimistisch wahrgenommene Menschenbild der Psychoanalyse aufweicht und eine ressourcenorientierte Betrachtung ermöglicht. Es geht nicht mehr nur darum, was „krankhaft“ ist, sondern auch darum, wie Menschen ihre Konflikte erfolgreich bewältigt haben und welche Stärken sie daraus ziehen konnten.

Diese neue Sichtweise fördert eine positivere Herangehensweise in der Therapie und hilft Patienten, ihre eigenen Ressourcen zu erkennen und zu nutzen. Sie betont, dass psychische Prozesse nicht ausschließlich in Krankheit münden müssen, sondern auch zu persönlichem Wachstum und Resilienz führen können.

Konflikt-Schwere entlang des Strukturniveaus

Eine der bedeutendsten Neuerungen ist die Aufhebung der starren Trennung zwischen „Konflikt-Patienten“ (klassische Neurotiker) und „Struktur-Patienten“ (klassische Borderline-Patienten). In der vorherigen Version wurde angenommen, dass der Konfliktbegriff für ich-schwache Patienten mit geringerem Strukturniveau weniger relevant sei. Die OPD-3 erkennt nun an, dass Konflikte und Struktur untrennbar miteinander verbunden sind.

Konfliktthemen werden jetzt in drei Stufen unterteilt, um ihre Fassbarkeit zu verbessern: Konfliktspannung (leichte Spannung, gut integriert), neurotischer Konflikt (klassischer innerer Konflikt, mäßig integriert) und Konfliktschema (tief verwurzeltes Problem, gering integriert). Diese Spezifizierung des Konfliktschweregrads entlang des Strukturniveaus ist eine deutliche Verbesserung, da sie ein „Sowohl-als-auch“-Denken statt eines „Entweder-oder“ fördert. Das bringt „Konflikt“ und „Struktur“ im klinisch-psychodynamischen Denken näher zusammen und ermöglicht eine präzisere und effektivere Therapie. Dies hilft, die vielfältigen und oft komplexen inneren Zustände von Menschen besser zu verstehen und zu behandeln, indem die Wechselwirkungen zwischen ihren Konflikten und ihrer Persönlichkeitsstruktur berücksichtigt werden.

Unbewusster Kernaffekt: Die Tiefe der Gefühle

OPD-3: Die Evolution des Konfliktverständnisses in der Psychodynamik

Die Einführung des Kernaffekts als neues Konzept in der OPD-3 stellt eine tiefgreifende Erweiterung dar. Im Gegensatz zum bewussten Leitaffekt ist der Kernaffekt ein unbewusster, tief verdrängter Gefühlszustand, der mit einem grundlegenden, frühen Konflikt aus der Kindheit verbunden ist. Dieser Affekt wird oft stark abgewehrt und ist daher in der Therapie schwer zu erkennen, da er sich hinter Abwehrmechanismen verbirgt.

Die OPD-3 beschreibt detailliert, wie diese Kernaffekte bei verschiedenen Konflikten und deren Bewältigungsstrategien eine Rolle spielen. Dies verleiht der diagnostischen Praxis eine größere Tiefe und ermöglicht es Therapeuten, die verborgenen emotionalen Wurzeln psychischer Probleme besser zu identifizieren. Das Verständnis des Kernaffekts ist entscheidend für eine umfassende psychodynamische Behandlung, da es den Weg zu tieferliegenden, oft traumatischen Erfahrungen ebnet, die das aktuelle Verhalten und Erleben des Patienten maßgeblich prägen.

Lebenslanger und aktueller OPD-Konflikt: Hier und Jetzt versus Dort und Damals

Eine weitere wichtige Neuerung ist die Unterscheidung zwischen einem „lebenslangen/biografischen“ und einem „aktuellen“ OPD-Konflikt. Der lebenslange OPD-Konflikt umfasst zentrale motivationale Konflikte, die bereits ein Leben lang bestehen, wie beispielsweise ein überdauernder Individuations-Abhängigkeits-Konflikt. Im Gegensatz dazu bezieht sich der aktuelle OPD-Konflikt auf die derzeit im Leben vorherrschenden Konfliktmuster.

Diese Differenzierung ermöglicht es, die historische Entwicklung psychischer Konflikte besser nachzuvollziehen und gleichzeitig die aktuellen Belastungen und Herausforderungen des Patienten in den Fokus zu rücken. Im Ratingbogen der OPD kann zudem die Bedeutsamkeit des aktuellen Hauptkonflikts angegeben werden. Darüber hinaus wurde neu eingeführt, dass der Modus der Verarbeitung (aktiv/passiv) für die lebenslangen und für die aktuellen Konflikte einzeln beurteilt werden soll. Dies verbessert die Darstellbarkeit von Veränderungen im Lebensverlauf, da der Modus bei einem Konflikt über die Jahre nicht selten wechselt, was für eine dynamische und angepasste Therapieplanung unerlässlich ist.

Streichung des Aktualkonflikts: Klare Abgrenzung

Der in der OPD-2 noch verstandene Aktualkonflikt, der bewusste, realweltliche Konfliktthemen der letzten Monate (z. B. ein schwerer Konflikt mit dem Chef) umfasste, wurde in der OPD-3 gestrichen. Dieser Konflikt war zwar bewusst erlebbar und konnte berichtet werden, führte aber oft zu Missverständnissen, da er nicht gleichzusetzen war mit dem aktuell wirksamen unbewussten Konflikt, der die unbewusste aktuelle Konfliktdynamik beschreibt. Die Streichung dient der Klarheit und vermeidet Verwechslungen zwischen bewusst erlebten Problemen und tieferliegenden unbewussten Dynamiken, was die Präzision der psychodynamischen Diagnostik erhöht.

Dilemma-Konzept nach Mentzos: Jenseits klassischer Konflikte

Das Dilemma-Konzept nach Stavros Mentzos ist eine bedeutsame Inspiration für das erweiterte Konfliktverständnis der OPD-3 und stellt eine wichtige Öffnung dar. Während das traditionelle psychoanalytische Konfliktmodell davon ausging, dass „echte“ Konflikte nur bei einer gewissen psychischen Reife entstehen, wie etwa bei einem inneren Kampf zwischen Autonomie und Abhängigkeit, wirft Mentzos dieses einseitige Denken zurecht über den Haufen. Er bringt das Dilemma-Konzept ins Spiel, das besonders für Menschen mit sehr niedrigem Strukturniveau, etwa auf psychotischem Niveau, relevant ist. Bei diesen Patienten gibt es oft keine klaren Konflikte im herkömmlichen Sinne, sondern eher unlösbare Dilemmas: zwei gegensätzliche, bedrohliche Optionen, zwischen denen sie gefangen sind. Ein Beispiel hierfür wäre das Schwanken zwischen extremer Nähe und absoluter Distanz zu einer anderen Person, wobei beide Möglichkeiten als unerträglich erscheinen. Um diesem „Dilemma“ zu entkommen, kann die Person in den Wahn psychotisch abgleiten.

Dieses Konzept hilft, tiefere, komplexe menschliche Erfahrungen zu verstehen und gibt Therapeut:innen Werkzeuge, um Patienten zu unterstützen, diese Dilemmas zu erkennen und besser damit umzugehen – und zwar jenseits des üblichen „Konfliktlösens“. Die OPD öffnet sich nun für dieses Denken, sodass die therapeutische Praxis offener und flexibler werden kann. Kapitel 4.4 der OPD-3 nimmt ausführlich Bezug auf das Konzept nach Mentzos, was die Relevanz dieser Erweiterung unterstreicht und die psychodynamische Behandlung auf ein breiteres Spektrum psychischer Störungen ausdehnt. Dies ermöglicht eine Stabilisierung und Resilienz, selbst in extremen psychischen Zuständen.

Die Einführung des Dilemma-Konzepts nach Mentzos in die OPD-3 markiert einen Paradigmenwechsel im psychodynamischen Verständnis, insbesondere für Patientengruppen mit schweren strukturellen Beeinträchtigungen. Anstatt nach einem auflösbaren Konflikt zu suchen, liegt der Fokus nun auf dem Verständnis und der Bewältigung unauflösbarer Zwangslagen, die oft zu schwerwiegenden Symptomen führen. Dies eröffnet neue therapeutische Wege, die darauf abzielen, Patienten dabei zu helfen, mit ihren Dilemmas zu leben, anstatt sie zwanghaft zu „lösen“.

  • Erkenntnis unlösbarer Zwangslagen statt klarer Konflikte.
  • Identifikation gegensätzlicher, bedrohlicher Optionen.
  • Verständnis der Dynamik psychotischer Abgleitungen.
  • Entwicklung von Bewältigungsstrategien für Dilemmas.
  • Erweiterung des therapeutischen Werkzeugkastens.

Dieses erweiterte Verständnis des Konfliktbegriffs fördert eine noch flexiblere und bedürfnisorientiertere psychodynamische Behandlung, die den individuellen Gegebenheiten jedes Patienten gerecht wird. Es unterstreicht die Notwendigkeit, über starre Kategorien hinauszudenken und sich den komplexen Realitäten psychischer Erkrankungen zu stellen.

Kurz-Fazit zur neuen OPD-3 Konflikt-Achse

Die OPD-3 schlägt in vielerlei Hinsicht eine neue, ambitionierte Richtung ein. Für die Konfliktachse (Achse III) wird ein neuer Fokus auf die größere Beachtung biografischer Entwicklungen und unbewusster Prozesse gelegt. Es weht also ein Hauch mehr Unbewusstes durch die Konflikt-Achse, was die psychodynamische Diagnostik und Therapie noch nuancierter macht.

Insgesamt sind diese und alle anderen Änderungen in der OPD-3 ambitioniert und vielversprechend. Aufgrund der hierdurch höher gewordenen Komplexität muss sich in der Praxis noch bewähren, ob die neuen Ideen und Akzente auch so angenommen werden. Das Potenzial, das Verständnis psychischer Erkrankungen zu vertiefen und die Behandlung zu verbessern, ist jedoch immens. Wenn Sie das beobachtungsgelenkte Konfliktdenken der OPD mit einem eher psychoanalytischen Konfliktkonzept verbinden möchten, steht Ihnen das Komplementäre Modell Psychodynamischer Konfliktdiagnostik (KMK-Modell) zur Verfügung.

Eine ausführliche Link- und Literatursammlung mit Praxisempfehlungen von Prof. Dr. Ingo Jungclaussen zur OPD kann heruntergeladen werden. Dies bietet eine wertvolle Ressource für alle, die sich tiefer mit den Neuerungen und Anwendungsmöglichkeiten der OPD-3 auseinandersetzen möchten.

Über EmiliaWagProfessional

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