
Mindestlohn in der Schweiz: Ein umfassender Überblick für Fachkräfte
Die Schweiz ist bekannt für ihr hohes Lohnniveau, doch das Konzept eines nationalen Mindestlohns, wie er in vielen anderen Ländern existiert, ist hier anders geregelt. Statt einer landesweiten Untergrenze profitieren Arbeitnehmende primär von festgelegten Mindestlöhnen in spezifischen Kantonen oder durch Gesamtarbeitsverträge (GAV).
Dieser Artikel beleuchtet die aktuelle Situation des Mindestlohns in der Schweiz und konzentriert sich dabei auf die relevanten Regelungen, insbesondere für die Berufsfelder Pflege, Therapie und soziale Arbeit. Wir werden die kantonalen Unterschiede aufzeigen und detaillierte Einblicke in die Mindestlöhne bieten, die durch verschiedene GAVs in diesen wichtigen Branchen festgelegt sind. Damit erhalten Sie einen klaren Überblick über Ihre Lohnansprüche in der Schweiz.
Gibt es einen nationalen Mindestlohn in der Schweiz?

Ein landesweiter Mindestlohn, der für alle Branchen und Kantone gleichermaßen gilt, existiert in der Schweiz derzeit nicht. Ein nationaler Vorstoß im Jahr 2014, der einen Mindestlohn von 4.000 Schweizer Franken pro Monat, also 22 Franken pro Stunde, vorsah, wurde von der Bevölkerung klar abgelehnt. Nur knapp ein Viertel der Stimmberechtigten befürwortete diese Initiative.
Obwohl es keinen einheitlichen Mindestlohn gibt, ist das allgemeine Lohnniveau in der Schweiz im internationalen Vergleich sehr hoch. Spezifische Mindestlöhne werden nur dann festgelegt, wenn dies durch einen Kanton oder einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für eine bestimmte Branche oder Berufsgruppe bindend ist.
- Nationales Referendum für schweizweiten Mindestlohn 2014 mehrheitlich abgelehnt.
- Sieben Kantone in der Schweiz haben einen festgelegten Mindestlohn.
- Die kantonalen Mindestlöhne liegen zwischen 19.75 und 24.32 Franken pro Stunde.
- Für Pflege-, Therapie- und Sozialberufe profitieren Arbeitnehmende oft von Mindestlöhnen durch GAV.
Diese differenzierte Herangehensweise ermöglicht eine Anpassung an die jeweiligen regionalen und branchenspezifischen Gegebenheiten.
Mindestlöhne in den Schweizer Kantonen
Aktuell haben insgesamt sieben Kantone in der Schweiz einen eigenen Mindestlohn festgelegt. Es ist wichtig zu beachten, dass in diesen kantonalen Regelungen oft bestimmte Berufsgruppen wie Lernende, Ferienjobber, Praktikanten oder Teilnehmende an beruflichen Integrationsprogrammen ausgenommen sind.
Den höchsten kantonalen Mindestlohn in der Schweiz findet man in Genf, wo die Untergrenze bei 24.48 Franken pro Stunde liegt. Zürich und Winterthur folgten im Januar 2024 mit der Einführung eigener Mindestlöhne, die bei 23.90 Franken in Zürich und 23 Franken in Winterthur liegen. Neuenburg war bereits 2017 ein Vorreiter und hat derzeit einen Mindestlohn von 21.09 Franken.
Weitere Kantone mit festgesetzten Mindestlöhnen sind:
- Tessin: 20 – 20.50 Franken (branchenabhängig)
- Jura: 20.60 Franken
- Basel-Stadt: 21 Franken (nicht alle Branchen)
Im Kanton Solothurn wurde eine Initiative für einen Mindestlohn von 23 Schweizer Franken kürzlich abgelehnt. Die Stadt Luzern plant hingegen die Einführung eines Mindestlohns ab dem Jahr 2026.
Mindestlöhne in Gesamtarbeitsverträgen (GAV)
Ein signifikanter Anteil der Mindestlöhne in der Schweiz wird durch Gesamtarbeitsverträge (GAV) geregelt. Diese Verträge werden zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden ausgehandelt und sind branchen- oder unternehmensspezifisch. Etwa die Hälfte aller Schweizer Arbeitnehmenden ist durch einen GAV geschützt, wobei rund 1,7 Millionen dieser Verträge einen explizit festgelegten Mindestlohn beinhalten.
Innerhalb eines GAV gibt es für spezifische Berufsbilder oft Lohnbänder, die sich aus einem Minimum- und einem Maximallohn zusammensetzen. Das untere Ende dieses Lohnbandes stellt effektiv einen Mindestlohn für die jeweilige Berufsgruppe dar und darf bei der Vergütung nicht unterschritten werden. Dies gewährleistet eine faire Bezahlung in vielen Sektoren.
Mindestlöhne in der Pflege in der Schweiz

Das Berufsfeld der Pflege ist in der Schweiz in einigen Kantonen durch Gesamtarbeitsverträge (GAV) abgesichert, die spezifische Mindestlöhne festlegen. Dazu gehören insbesondere die Kantone Zug, Bern, Basel und Aargau. Die nachfolgenden Tabellen geben einen Überblick über die Mindestlöhne in verschiedenen Berufsgruppen der Pflege, basierend auf Beispielen aus diesen GAVs.
Das Aargauer Kantonsspital formuliert seinen GAV hinsichtlich des Mindestlohns etwas allgemeiner und legt für nicht-ärztliches Personal einen monatlichen Mindestlohn von 3.541 Franken fest. Diese detaillierten Übersichten zeigen, dass die Mindestlöhne für Pflegefachkräfte in der Schweiz stark variieren können, abhängig vom Kanton und dem spezifischen Gesamtarbeitsvertrag.
Die Komplexität der Lohnstrukturen in der Schweizer Pflege, die durch eine Mischung aus kantonalen Regelungen und spezifischen Gesamtarbeitsverträgen entsteht, unterstreicht die Notwendigkeit für Arbeitnehmende, sich genau über die für sie geltenden Bestimmungen zu informieren. Dies ist entscheidend, um eine faire Vergütung sicherzustellen und das eigene Arbeitsverhältnis auf einer soliden Basis aufzubauen.
Mindestlöhne in Therapieberufen in der Schweiz
Auch für therapeutische Berufe in der Schweiz sind Mindestlöhne durch Gesamtarbeitsverträge (GAV) in einigen Regionen etabliert. Neben den bereits genannten Spitälern in Zug, Bern und Basel profitieren Therapeuten in Freiburg vom GAV INFRI VOPSI. Dieser Vertrag ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dem Freiburger Verband der spezialisierten Institutionen (INFRI), dem Verband der Organisation des Personals der sozialen Organisationen (VOPSI) und dem Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD).
Besonders relevant ist hier die Eingruppierung von Physio- und Ergotherapeuten in Stufe 18, während Logopäden in die Stufen 18, 20 und 21 eingestuft werden. Weitere Informationen zu den Mindestlöhnen im Therapiebereich finden Sie in den folgenden detaillierten Übersichten.
Mindestlöhne im sozialen Bereich in der Schweiz
Auch für bestimmte soziale Berufe in der Schweiz sind Mindestlöhne durch branchenspezifische Gesamtarbeitsverträge (GAV) definiert. Diese Regelungen sind oft in denselben Verträgen enthalten, die auch für Pflege- und Therapieberufe gelten. Hier sind beispielhafte Mindestlöhne aus den GAVs der Berner Spitäler und Kliniken sowie der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel und des Universitäts-Kinderspitals beider Basel.
Weitere Mindestlöhne im Gesundheitswesen der Schweiz
Neben den bereits detailliert beschriebenen Berufsfeldern der Pflege, Therapie und sozialen Arbeit existieren auch in anderen medizinischen und technisch-medizinischen Bereichen der Schweiz spezifische Mindestlöhne, die von Spitälern und Kliniken festgelegt werden. Dies betrifft beispielsweise Berufe im Labor oder im Operationssaal. Eine Übersicht für das Universitäts-Kinderspital beider Basel zeigt dies anschaulich:
Bei den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel wird der Laborbereich in Lohnband 7 eingestuft, mit einer unteren Lohngrenze von 62.769 Schweizer Franken. Die Leitung des Labors, eingestuft in Lohnband 8, erhält einen Mindestlohn von 66.911 Franken jährlich.
Für Medizinische Praxisassistentinnen (MPA) gibt es zudem Lohnempfehlungen, die je nach Kanton variieren. Beispielhafte monatliche Mindestlöhne sind:
- Aargau: 4.200 Franken
- Baselstadt: 4.500 bis 4.800 Franken
- Zürich: 4.500 Franken
Auch Pharma-Assistenten profitieren an verschiedenen Arbeitsorten von Mindestlöhnen, darunter:
- APODRO Apotheken und Drogerien: 4.500 Franken/Monat
- GAV Zuger Kantonsspital: 60.632 Franken/Jahr (Lohnband 4)
- GAV Berner Spitäler und Kliniken: 59.619.05 Franken/Jahr (Lohnband 11, 12 und 14)
Fazit: Die Vielfalt der Mindestlöhne in der Schweiz verstehen
Die Schweiz verfolgt eine dezentrale und branchenspezifische Politik beim Mindestlohn. Ein nationaler Mindestlohn wurde zwar abgelehnt, doch profitieren zahlreiche Arbeitnehmende von kantonalen Mindestlöhnen und jenen, die in Gesamtarbeitsverträgen (GAV) festgelegt sind. Dies betrifft insbesondere die wichtigen Berufsfelder Pflege, Therapie und soziale Arbeit, wo detaillierte Lohnbänder und Mindestgrenzen für faire Vergütungen sorgen.
Für Fachkräfte in diesen Bereichen ist es daher unerlässlich, sich nicht nur über allgemeine Lohnniveaus, sondern auch über die spezifischen Regelungen in ihrem Kanton und die Konditionen ihres GAVs zu informieren. Nur so kann man die eigenen Lohnansprüche realistisch einschätzen und von den existierenden Schutzmechanismen optimal profitieren.
Kommentare ( 3 )
Es ist zweifellos wichtig, die Diskussion um den Mindestlohn in der Schweiz umfassend zu beleuchten, da er eine fundamentale Rolle für die soziale Gerechtigkeit und die Absicherung der unteren Lohngruppen spielt. Für Fachkräfte, die die primäre Zielgruppe dieses Beitrags sind, könnte der direkte Einfluss eines gesetzlich festgelegten Mindestlohns jedoch oft geringer ausfallen als gemeinhin angenommen. Viele in diesem Sektor tätige Personen liegen mit ihren Verdiensten bereits deutlich über den diskutierten oder bestehenden Mindestlohnschwellen, was die Relevanz anderer ökonomischer Faktoren für diese spezifische Gruppe in den Vordergrund rückt.
Eine vertiefte Betrachtung sollte daher auch die spezifischen Herausforderungen und Anreize beleuchten, die für Fachkräfte in der Schweiz entscheidend sind. Hierzu zählen insbesondere die extrem hohen Lebenshaltungskosten – von Mieten über Krankenversicherungsprämien bis hin zu alltäglichen Ausgaben –, die auch ein hohes Bruttoeinkommen relativieren können. Ebenso wichtig sind die tatsächlichen Marktlöhne in den jeweiligen Spezialgebieten, die kantonalen Unterschiede bei Steuern und Sozialabgaben sowie die Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung und die allgemeine Lebensqualität. Eine solche erweiterte Perspektive würde die Komplexität der Schweizer Arbeitswelt für gut ausgebildete Fachkräfte noch präziser abbilden und eine noch umfassendere Grundlage für deren Entscheidungsfindung bieten.
Vielen Dank für Ihre ausführliche und durchdachte Anmerkung. Es ist absolut richtig, dass der direkte Einfluss eines gesetzlichen Mindestlohns für viele Fachkräfte in der Schweiz, deren Einkommen bereits deutlich über diesen Schwellen liegt, geringer sein mag. Ihre Ergänzung bezüglich der Relevanz anderer ökonomischer Faktoren wie die hohen Lebenshaltungskosten, die tatsächlichen Marktlöhne in Spezialgebieten, kantonale Unterschiede bei Steuern und Sozialabgaben sowie Weiterentwicklungsmöglichkeiten und Lebensqualität, ist sehr wertvoll und liefert eine wichtige erweiterte Perspektive. Diese Aspekte sind in der Tat entscheidend, um die Komplexität der Schweizer Arbeitswelt für gut ausgebildete Fachkräfte noch präziser zu erfassen und eine umfassendere Grundlage für deren Entscheidungsfindung zu bieten.
Ich schätze Ihre detaillierte Rückmeldung und die Anregung, diese weiteren Dimensionen stärker zu beleuchten. Sie haben einen wichtigen Punkt angesprochen, der die Diskussion bereichert und zeigt, wie vielfältig die Herausforderungen und Anreize für Fachkräfte in der Schweiz tatsächlich sind. Vielen Dank für Ihre Zeit und Ihren Beitrag. Ich lade Sie herzlich ein, auch meine anderen Beiträge zu lesen.
für fachkräfte kaum relevant.
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Ich verstehe, dass der Inhalt für Fachkräfte möglicherweise weniger relevant erscheint. Mein Ziel ist es, ein breites Spektrum an Themen abzudecken und dabei sowohl Einsteigern als auch Kennern neue Perspektiven zu bieten. Es freut mich, wenn Sie meine anderen Veröffentlichungen auf meinem Profil durchsehen, vielleicht finden Sie dort weitere Beiträge, die Ihren Interessen besser entsprechen.
Hey, dein Beitrag hat mich echt zum Nachdenken gebracht. Dieses ganze Thema mit dem Gehalt, und was am Ende wirklich bei einem hängen bleibt, das ist so eine Sache, die mich schon früh in meiner Arbeitswelt beschäftigt hat.
Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten „richtigen“ Job. Die Zahl auf dem Vertrag sah super aus, ich dachte, WOW, damit kann ich leben! Aber dann kam die Miete, die Krankenkasse, die Fahrtkosten… und plötzlich war vom „großen“ Gehalt nicht mehr VIEL übrig. Das war ein echter Augenöffner, wie wichtig es ist, dass das Gehalt auch wirklich zum Leben reicht und nicht nur auf dem Papier gut aussieht. Deswegen finde ich solche Diskussionen, wie du sie hier anstößt, einfach SUPER wichtig, besonders wenn es um Orte geht, wo die Lebenshaltungskosten so hoch sind.
Vielen Dank für Ihren aufschlussreichen Kommentar. Es ist wirklich interessant zu hören, wie Sie dieses Thema bereits früh in Ihrer Karriere erlebt haben und wie die Realität der Abzüge ein großer Augenöffner sein kann. Ihre Erfahrungen unterstreichen genau den Punkt, den ich in meinem Beitrag hervorheben wollte: dass das auf dem Papier stehende Gehalt oft nicht das ist, was am Ende des Monats wirklich zur Verfügung steht. Es ist entscheidend, diese Diskrepanz zu verstehen, insbesondere in Regionen mit hohen Lebenshaltungskosten.
Ihre persönlichen Einblicke bereichern die Diskussion und zeigen, wie relevant dieses Thema für viele von uns ist. Ich freue mich, dass der Beitrag Sie zum Nachdenken angeregt hat. Für weitere Perspektiven und ähnliche Themen lade ich Sie herzlich ein, sich auch meine anderen Beiträge anzusehen.