
Kontrollierende Persönlichkeiten: Einfluss und Wege zur Balance
In unserem Leben begegnen wir vielen verschiedenen Persönlichkeiten. Einige davon neigen dazu, ein starkes Bedürfnis nach Kontrolle zu zeigen, was sich auf ihre Umwelt und zwischenmenschliche Beziehungen auswirken kann. Dieses Verhalten reicht von einem ausgeprägten Organisationstalent bis hin zu unbewussten Schädigungen anderer.
Das Verständnis dieser Dynamik ist entscheidend für unser eigenes Wohlbefinden und für gesunde Beziehungen. Dieser Artikel beleuchtet die Facetten kontrollierender und bestimmend-kontrollierender Persönlichkeiten, ihre Auswirkungen und wie wir besser damit umgehen können, um ein harmonischeres Miteinander zu fördern.
Die Natur kontrollierender Persönlichkeiten verstehen

Kontrollierende Persönlichkeiten zeichnen sich durch ein überaus hohes Bedürfnis nach Kontrolle aus. Dieses Bedürfnis kann aus Ängsten, Übervorsichtigkeit oder negativen Denkmustern resultieren. Während einige Menschen einfach nur gut organisiert sein möchten, gehen andere so weit, dass sie versuchen, ihr Umfeld und die Menschen darin zu steuern.
Bei bestimmend-kontrollierenden Persönlichkeiten kommt zu diesem Drang eine hohe Dominanz hinzu. Sie sind bestrebt, ihre Umgebung und die ihrer Mitmenschen zu organisieren und zu kontrollieren. Dies führt oft dazu, dass sich Familienangehörige oder Partner in ihrer Autonomie eingeschränkt fühlen und in gewisser Weise ihre eigene Persönlichkeit verlieren.
- Starkes Bedürfnis nach Kontrolle, oft basierend auf Ängsten und Übervorsichtigkeit.
- Versuch, das Umfeld und andere Menschen zu organisieren und zu steuern.
- Hohe Dominanz und Bestimmtheit bei bestimmend-kontrollierenden Typen.
- Kann zu einem Gefühl der Unselbstständigkeit bei den Betroffenen führen.
- Unbewusste Übertragung eigener Bedürfnisse und Ängste auf andere.
Diese Dynamik kann weitreichende Folgen haben, insbesondere wenn sie sich auf die Entwicklung von Kindern auswirkt. Das ständige Kontrollieren und Bestimmen kann verhindern, dass Kinder wichtige Erfahrungen sammeln und ihre eigene Selbstbestimmung entwickeln.
Der Unterschied zwischen Kontrollzwang und kontrollierenden Persönlichkeiten
Es ist wichtig, zwischen einem klinischen Kontrollzwang (einer Zwangsstörung) und einer kontrollierenden Persönlichkeit zu unterscheiden. Während ein Kontrollzwang oft mit einem hohen Leidensdruck für die betroffene Person einhergeht, da die Zwanghaftigkeit bewusst ist, ist dies bei kontrollierenden Persönlichkeiten meist nicht der Fall. Hier steht die Persönlichkeit selbst im Vordergrund, oft ohne das Bewusstsein für die zwanghaften Aspekte des eigenen Verhaltens.
Das zwanghafte Verhalten bestimmend-kontrollierender Persönlichkeiten bezieht sich primär auf die Kontrolle anderer Menschen, im Gegensatz zur Kontrolle von Gegenständen bei einer Zwangsstörung. Diese Differenzierung ist entscheidend, um die zugrunde liegenden Motivationen und Auswirkungen besser zu verstehen.
Auswirkungen auf Beziehungen und das soziale Umfeld
In sozialen Kontexten können kontrollierende Persönlichkeiten sowohl positive als auch negative Reaktionen hervorrufen. Während bedürftig-abhängige Persönlichkeiten die Bestimmtheit und Verlässlichkeit schätzen, da sie ihnen Sicherheit gibt, stoßen diese Eigenschaften bei freiheitsliebenden Menschen oft auf Unmut. Dies kann zu einem Teufelskreis führen, in dem auf Rebellion mit noch strengeren Regeln reagiert wird.
Im Beziehungsleben kann dies dazu führen, dass ein Partner sich immer mehr anpasst und in eine reine Zweckgemeinschaft ohne emotionale Nähe rutscht. Der kontrollierende Partner beklagt dann möglicherweise das Fehlen von Romantik oder Leidenschaft, ohne die eigenen Verhaltensmuster zu erkennen, die dazu geführt haben.
Unbewusstes Gaslighting: Eine subtile Form der Kontrolle

Das Verhalten bestimmend-kontrollierender Persönlichkeiten kann sich bis zum sogenannten Gaslighting entwickeln, auch wenn dies oft unbewusst geschieht. Gaslighting ist eine manipulative Taktik, die darauf abzielt, das Selbstvertrauen des Opfers zu zerstören und es unsicher und gefügig zu machen. Es dient dazu, Macht über das Opfer zu gewinnen oder die eigene Kontrolle zu bewahren.
Unbewusstes Gaslighting kann durch einen bestimmten Kommunikationsstil erfolgen, der durch ständiges „Dauer-Priming“ eine Art Gehirnprogrammierung bewirkt. Dies kann das Umfeld in den Wahnsinn treiben, zur Resignation zwingen oder entmutigen. Besonders Kinder und Jugendliche sind anfällig für die Auswirkungen dieses Verhaltens, was zu Verwirrung, Selbstzweifeln und psychischen Problemen führen kann.
Der Einfluss auf Kinder: Von Fürsorge zur Schädigung
Die Fürsorge von kontrollierenden Persönlichkeiten, insbesondere Müttern, kann unbewusst kontraproduktiv sein. Eine übermäßige Sorge, die jeden Atemzug des Kindes analysiert und es vor harmlosen Experimenten schützt, hemmt die natürliche kognitive und motorische Entwicklung. Dies führt zur Herausbildung von sogenannten „Opfer-Persönlichkeiten“, die im späteren Leben Schwierigkeiten in sozialen Interaktionen haben und anfälliger für Mobbing sind.
Diese überfürsorglichen Eltern projizieren oft ihre eigenen Ängste und emotionalen Bedürfnisse auf das Kind, welches zum Objekt der Verehrung wird. Alles wird kontrolliert, geplant und organisiert, was eine Abwehrhaltung des Kindes gegen die Welt schafft. Die Bindung „Du gehörst mir“ wird perfekt, doch die Lebensunfähigkeit in Bezug auf soziale Interaktion ist vorprogrammiert.
Um die Kontrolle nicht zu verlieren, greifen kontrollierende Persönlichkeiten manchmal zu Lügen oder zur Pseudologia phantastica, wobei sie selbst nicht mehr realisieren, dass sie die Wahrheit verdrehen. Auch das Phänomen der kognitiven Dissonanz-Reduktion spielt eine Rolle: Menschen, die sich der Kontrolle entziehen, werden als „abnorm“ oder „böse“ erklärt, um die eigene Abnormität der Persönlichkeit zu vertuschen.
Wege zur Veränderung und zum Umgang
Für kontrollierende Persönlichkeiten ist es entscheidend, Mut zu Flexibilität, Offenheit und Vertrauen in andere zu entwickeln. Andernfalls können sich weitere Störungsbilder entwickeln, die sowohl für sie selbst als auch für ihr soziales Umfeld sehr anstrengend und krank machend sein können. Das Erkennen der eigenen Muster ist der erste Schritt zur Veränderung. Eine Möglichkeit zur persönlichen Weiterentwicklung kann das Arbeiten an sich selbst sein, um alte Denkmuster zu durchbrechen.
Für das Umfeld solcher Persönlichkeiten ist es wichtig, eigene Grenzen zu setzen und sich nicht in die Rolle des „Opfers“ drängen zu lassen. Das Bewusstsein für diese Dynamiken kann helfen, gesündere Kommunikationsmuster zu etablieren und die eigene Autonomie zu bewahren. Das Erkennen und Benennen von unbewusstem Gaslighting ist ein wichtiger Schritt, um sich vor seinen Auswirkungen zu schützen.
Ein harmonischerer Weg zum Miteinander
Am Ende dieses Weges steht die Erkenntnis, dass wahre Stärke in der Fähigkeit liegt, Vertrauen zu schenken und loszulassen. Ein Leben, das von übermäßiger Kontrolle geprägt ist, mag auf den ersten Blick Sicherheit versprechen, doch es nimmt uns und unseren Mitmenschen die Möglichkeit, sich frei zu entfalten und echte Verbindungen aufzubauen. Lassen Sie uns lernen, die Schönheit in der Unvorhersehbarkeit des Lebens zu sehen und die Kontrolle dort abzugeben, wo sie uns nur einschränkt.
Indem wir uns auf Empathie, Offenheit und gegenseitigen Respekt besinnen, können wir ein Umfeld schaffen, in dem Wachstum und Freiheit gedeihen. Dies ist der Schlüssel zu erfüllteren Beziehungen und einem gesünderen Selbst. Es ist ein kontinuierlicher Prozess, der Mut und Selbstreflexion erfordert, aber die Belohnung ist ein Leben voller Authentizität und Freude.
- Festinger, L. (1957). A Theory of Cognitive Dissonance. Stanford University Press.
Kommentare ( 3 )
dieser beitrag hat wirklich zum nachdenken angeregt, sehr lesenswert 🙂
Vielen Dank für das nette Feedback. Es freut mich sehr, dass der Beitrag zum Nachdenken anregen konnte und Ihnen gefallen hat. Solche Kommentare motivieren mich ungemein, weiterhin interessante Themen zu behandeln.
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Ihr Beitrag bietet wertvolle Einblicke in die Dynamiken, die entstehen, wenn man es mit einem starken Bedürfnis nach Steuerung zu tun hat. Die Herausforderungen sind unbestreitbar und die Wege zur Balance essenziell. Ich möchte jedoch eine Perspektive einbringen, die oft übersehen wird und uns vielleicht zu einem noch tieferen Verständnis führt.
Oftmals entspringt ein solches Verhalten nicht primär dem Wunsch nach Macht oder Dominanz, sondern vielmehr einer tief sitzenden Unsicherheit, einer ausgeprägten Verantwortungsübernahme oder sogar einer großen Sorge um das Wohlergehen anderer oder das Gelingen einer Situation. Wenn wir Kontrolltendenzen als eine (oft ungeschickte) Strategie zur Bewältigung eigener Ängste oder als Ausdruck eines übersteigerten Pflichtgefühls betrachten, eröffnet dies möglicherweise andere Ansätze für den Umgang damit – Ansätze, die über das reine Setzen von Grenzen hinausgehen und eine konstruktivere Kommunikation fördern könnten. Eine Diskussion über diese zugrunde liegenden Motivationen könnte sehr aufschlussreich sein.
Vielen Dank für Ihre ausführliche und nachdenkliche Ergänzung. Es ist absolut zutreffend, dass das Bedürfnis nach Steuerung oft aus tieferliegenden Motivationen wie Unsicherheit, Verantwortungsgefühl oder Sorge entspringt und nicht nur aus dem Wunsch nach Dominanz. Diese Perspektive ist entscheidend, um einen empathischeren und effektiveren Umgang mit solchen Dynamiken zu finden.
Ihre Anregung, die zugrunde liegenden Motivationen genauer zu beleuchten, ist sehr wertvoll und könnte tatsächlich zu noch konstruktiveren Kommunikationsstrategien führen, die über das reine Grenzensetzen hinausgehen. Es zeigt, wie wichtig es ist, die menschliche Seite hinter dem Verhalten zu verstehen. Vielen Dank nochmals für Ihre Bereicherung des Themas. Ich lade Sie ein, auch meine anderen Beiträge zu ähnlichen Themen zu erkunden.
Dieses Thema berührt mich tief, denn es beschreibt so treffend das erstickende Gefühl, das entsteht, wenn man sich in solchen Beziehungsdynamiken wiederfindet… Man spürt förmlich, wie die eigene Luft zum Atmen dünner wird und das Gefühl der Ohnmacht sich schleichend ausbreitet. Doch diese tiefgehende Betrachtung und die Eröffnung von Wegen zur Balance geben mir eine enorme Erleichterung und Hoffnung. Es ist so wichtig, sich selbst nicht zu verlieren und zu erkennen, dass es immer eine Möglichkeit gibt, Grenzen zu ziehen und wieder ins eigene Gleichgewicht zu finden. Mein Herz ist bei all jenen, die täglich mit diesen Herausforderungen ringen, und ich hoffe, dieser Einblick schenkt ihnen die nötige Stärke.
Es freut mich sehr zu hören, dass der Artikel Sie so tief berührt und Ihnen Erleichterung sowie Hoffnung schenken konnte. Es ist in der Tat ein beklemmendes Gefühl, die eigene Luft zum Atmen dünner werden zu sehen, und genau deshalb war es mir wichtig, diese Dynamiken zu beleuchten und Wege aufzuzeigen, wie man wieder zu sich selbst findet. Ihre Worte bestätigen, wie wichtig es ist, sich dieser Herausforderungen bewusst zu werden und die Kraft zu finden, Grenzen zu setzen.
Vielen Dank für Ihren wertvollen Kommentar und Ihre mitfühlenden Gedanken für all jene, die sich in ähnlichen Situationen befinden. Es ist ermutigend zu wissen, dass die Botschaft angekommen ist und vielleicht auch anderen die nötige Stärke geben kann. Schauen Sie gerne auch in meine anderen Veröffentlichungen, dort finden Sie weitere Beiträge zu ähnlichen Themen.